Warum die Lebenszyklusanalyse für eine zukunftsfähige Chemieindustrie unverzichtbar ist

Lebenszyklus im Fokus: Der Schlüssel zu einer grüneren Chemie

Die Chemieindustrie nimmt eine unersetzliche Rolle im industriellen Ökosystem ein und trägt eine enorme Verantwortung. In Zeiten, in denen der Planet nach Nachhaltigkeit ruft und Transparenz entlang der Supply Chain zur aktiven Forderung von Politik und Gesellschaft geworden ist, hat die Chemiebranche ihre Sensoren tief in die Materie der grünen Revolution getaucht. Doch echter Klimaschutz liegt nicht nur in schönen Worten, sondern in messbaren Taten. Die Lebenszyklusanalyse (LCA) ist eine Ökobilanz. Sie ermöglicht es den Chemieunternehmen, in der Betrachtung aller Prozesse einen klaren Blick auf den gesamten Lebenszyklus ihrer Produkte zu werfen. Es geht dabei sowohl darum, Ressourcen, Emissionen und Umweltauswirkungen in Gänze zu betrachten, als auch um die Erkenntnis, dass Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit Hand in Hand gehen können.

Dr. Jörg Schappel leitet bei Kuraray Europe seit Februar 2020 den Bereich Safety, Health & Sustainability. Das Chemieunternehmen ist 2023 der Renewable Carbon Initiative (RCI) beigetreten, um bis 2050 fossilen Kohlenstoff vollständig durch erneuerbaren Kohlenstoff zu ersetzen. Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen verglichen mit 2019 um 30 Prozent sinken. Spätestens 2050 sollen diese weltweit bei Netto-Null liegen. Bereits 2021 zählte Kuraray zu den Gründungsmitgliedern im „Process4Sustainability“-Cluster des Industrieparks Höchst, das sich der Aufgabe verschrieben hat, die Prozessindustrie bis 2045 klimaneutral zu machen. Der studierte Chemiker erklärt, wie Chemieunternehmen mit der Lebenszyklusanalyse nicht nur ihre Position im Markt stärken können, sondern auch Risiken minimieren und wertvolle Einsparpotenziale entdecken.

Systematische Lebenszyklusanalyse des gesamten Produktionssystems

Die Lebenszyklusanalyse ist eine systematische Bewertung der Umweltbelastungen von Produkten, Prozessen oder Dienstleistungen entlang ihres Lebenszyklus´, von der Produktion bis zur Entsorgung. Dabei werden nicht nur direkte Emissionen und Ressourcenverbräuche in der Produktions- oder Nutzungsphase erfasst, sondern auch jene, die in den vorgelagerten und nachgelagerten Prozessen entstehen. Als ein standardisiertes Verfahren nach DIN EN ISO 14040/44 dient die Ökobilanz vielen Zwecken: von der Produktentwicklung über die strategische Planung bis hin zum Marketing. Der CO2-Fußabdruck spielt eine zentrale Rolle im Rahmen der Lebenszyklusanalyse, da er einen spezifischen Aspekt der Umweltauswirkungen eines Produkts, Prozesses oder einer Leistung beleuchtet: die Gesamtmenge an Treibhausgasen, vorrangig Kohlendioxid. So entsteht ein umfassender Überblick über den Beitrag einer bestimmten Aktivität zum globalen Klimawandel.

Quantifizierung von Treibhausgasemissionen im Rahmen von LCAs

Die Bewertung von CO2-Fußabdrücken im Kontext der Lebenszyklusanalyse gewinnt an Bedeutung. Insbesondere stehen die Kategorien von Treibhausgasemissionen Scope 1 bis Scope 3 im Vordergrund. Diese Kategorisierungen, definiert durch das „Greenhouse Gas Protocol", ermöglichen es Unternehmen und Organisationen, ihre Emissionen systematisch zu erfassen und zu steuern.