Umfrage: Chemische Industrie auf dem Weg zu erneuerbarem Kohlenstoff

Nova-Institut und Beratergruppe Cowi haben nachgefragt

In diesem Sommer wurde die erste Umfrage über erneuerbaren Kohlenstoff in der chemischen Industrie durchgeführt

Die chemische Industrie reduziert seit Jahren erfolgreich den Kohlenstoff-Fußabdruck ihrer Produkte durch Effizienzsteigerung und Nutzung erneuerbarer Energien. Die nächste Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen Zukunft ist der Fokus auf den in den Produkten enthaltenen fossilen Kohlenstoff, der am Lebendsende der Produkte ebenfalls zum Treibhauseffekt beiträgt. Eine potenzielle Lösung ist die Nutzung der drei verfügbaren, alternativen Kohlenstoffquellen Biomasse, direkte CO2-Nutzung und Recycling für kohlenstoffhaltige Produkte. Zusammengefasst unter dem Begriff „erneuerbarer Kohlenstoff“ sind diese Quellen die Zukunft der organischen Chemie und weiterer nachgelagerter Produkte wie Kunststoffen.

Doch wie weit ist die chemische Industrie auf ihrem Weg zu erneuerbarem Kohlenstoff? Um dies herauszufinden, haben das Nova-Institut (Deutschland) und Cowi (Dänemark) in diesem Sommer die erste Umfrage zur Nutzung erneuerbaren Kohlenstoffs in der chemischen Industrie durchgeführt und einen Fragebogen an die 50 größten in Europa produzierenden Chemieunternehmen verschickt. Etwa 20 Prozent der Unternehmen haben den Fragebogen ausgefüllt zurückgesendet. Die Ergebnisse der Umfrage fassen die Chemieunternehmen nach Branche und Anteil des erneuerbaren Kohlenstoffs in den folgenden vier Gruppen zusammen:

  • Traditionelle petrochemische Unternehmen weisen einen Anteil an erneuerbarem Kohlenstoff zwischen 1 und 5 Prozent auf.
  • Mehrere Holzchemie-Unternehmen weisen erneuerbare Anteile von 80-90 Prozent auf.
  • Dazwischen liegt eine Gruppe von Chemieunternehmen mit einem traditionellen Schwerpunkt auf pflanzlichen Ölen und tierischen Fetten, die 40-50 Prozent erneuerbare Kohlenstoffanteile aufweisen.
  • Bemerkenswert ist, dass einige wenige petrochemischer Unternehmen, die in der Vergangenheit einen Anteil erneuerbarer Kohlenstoffquellen von <1 Prozent hatten, sich bereits zu Anteilen um 20 Prozent gesteigert haben.

Derzeit wird der größte Anteil des erneuerbaren Kohlenstoffs über Biomasse aus der Land- und Forstwirtschaft gewonnen, aber die Recyclinganteile nehmen zu und die Nutzung von CO2 beginnt ernsthaft. Die meisten Chemieunternehmen haben bereits oder entwickeln derzeit Konzepte und Strategien, um den Anteil des erneuerbaren Kohlenstoffs zu erhöhen. Die Umfragedaten erlauben zwar erste Einblicke, reichen aber nicht aus, um Aussagen über den durchschnittlichen Einsatz von erneuerbarem Kohlenstoff in der chemischen Industrie zu treffen. Stattdessen können solche Informationen aus Eurostat-Daten abgeleitet werden, für die das Nova-Institut dem Bio-based Industries Consortium (BIC) jährliche Aktualisierungen zur Verfügung stellt. Der neueste Bericht, der im September 2020 veröffentlicht wird, stellt einen „insgesamt leichten, aber stetigen Anstieg des bio-basierten Anteils der organischen Chemieindustrie in der EU-28 von etwa 10,7 Prozent im Jahr 2008 auf 14,9 Prozent im Jahr 2017“ fest.

Um die chemische Industrie vollständig auf erneuerbaren Kohlenstoff umzustellen, muss die Nutzung von recyceltem Rohstoffen sowie die CO2-Nutzung gesteigert und auf breiter Basis umgesetzt werden. Nova-Institut und Cowi schätzen, dass der derzeitige durchschnittliche Anteil an erneuerbarem Kohlenstoff in der europäischen Chemie- und Kunststoffindustrie zwischen 20 und 25 Prozent liegt - 15 Prozent aus Biomasse und 5-10 Prozent aus Recycling. Diese Zahlen stehen im Einklang mit den Ergebnissen der Umfrage. Während die 50 größten Akteure der Branche einen unterdurchschnittlichen Anteil aufweisen, gibt es Hunderte von kleineren Chemieunternehmen mit einem höheren Anteil an erneuerbarem Kohlenstoff.
 

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KohlenstoffChemie