KfW Research hebt Konjunkturprognose für Deutschland an

Brexit und US-Protektionismus größte Konjunkturrisiken

Für 2017 und 2018 Wachstum von jeweils 1,6% erwartet

Der schwungvolle Start der deutschen Wirtschaft in das Jahr 2017, die anhaltend gute Stimmung in den Unternehmen und das klare Mandat der französischen und niederländischen Wähler zur Weiterentwicklung Europas veranlassen die KfW zu einer Erhöhung ihrer Konjunkturprognose für Deutschland: KfW Research erwartet nun sowohl für 2017 als auch für 2018 ein Realwachstum von 1,6 Prozent.

Damit hält die deutsche Wirtschaft das konjunkturelle Grundtempo des Vorjahres vorerst aufrecht, denn die für 2017 vorhergesagte Wachstumsverlangsamung von 0,3 Prozentpunkten gegenüber 2016 (1,9 Prozent) ist ausschließlich auf ungewöhnlich heftige Schwankungen der Arbeitstagezahl zurückzuführen.

Wesentlicher Wachstumstreiber im laufenden und kommenden Jahr bleibt die Binnennachfrage. Die Ausgaben für Konsum und Wohnbauten dürften weiter solide aufwärts gerichtet sein, wenn auch mit etwas nachlassender Dynamik aufgrund höherer Inflation bei bereits vereinbarten relativ moderaten Lohnabschlüssen für 2016 und 2017. Zudem dürften die seit der Wahl in den USA graduell steigenden langfristigen Zinsen die Wohnbauaktivitäten auf hohem Niveau etwas einbremsen.

Die anziehende Auslandsnachfrage sorgt zusammen mit der sehr hohen Auslastung der Industriekapazitäten und den im historischen Vergleich weiter günstigen Finanzierungsbedingungen für Rückenwind bei den Investitionsaktivitäten. Nach den Wahlen in den Niederlanden und vor allem in Frankreich ist außerdem das Risiko einer unmittelbaren weiteren Destabilisierung der EU deutlich reduziert - und damit ein großer Unsicherheitsfaktor verblasst, der wohl viele Firmen bei Investitionen zögern ließ. "Die deutsche Wirtschaft wird zum Langstreckenläufer", sagt Dr. Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW. "Sie hält ihr Tempo mit beeindruckender Ausdauer und nimmt Kurs auf eine der längsten Wachstumsperioden des letzten halben Jahrhunderts."

Einschließlich des Jahres 2018 käme der gegenwärtige Aufschwung auf mindestens neun Jahre ununterbrochenen Wachstums und einen Gesamtzuwachs des realen BIP von rund 19 Prozent gegenüber dem Rezessionstief im Jahr 2009. Seit dem Ausbruch der Ölkrise in den 70er Jahren war lediglich der Aufschwung von 1982 bis 1992 mit zehn Jahren nicht nur etwas länger, sondern auch deutlich kräftiger (+35 Prozent). Allerdings profitierte er in der Spätphase von einer historischen Sondersituation: dem von Maueröffnung und Wiedervereinigung ausgelösten sehr kräftigen Nachfrageschub.

Zeuner: "Eine solche historische Situation ist auch jetzt grundsätzlich wieder denkbar dank Offenheit und Mitgliedschaft in der Eurozone. Deutschland hat ein vitales Interesse daran, gemeinsam mit den Partnern möglichst rasch eine überzeugende Strategie für die Zukunft der Eurozone zu entwickeln. Für uns liegt darin die Chance auf noch mehr Wachstum schon im kommenden Jahr." Doch auch die Abwärtsrisiken müsse man weiter im Blick behalten: Sie kämen vor allem dann zum Tragen, wenn die USA und Großbritannien als wichtige Partner im Handel und bei den Direktinvestitionen ihre Abschottungspläne ungeachtet des eigenen erheblichen Schadens rigoros umsetzen würden.