European Silicon Days in Saarbrücken: Wacker-Siliconpreis 2018 geht an Herbert W. Roesky

Professor Dr. Herbert W. Roesky

Professor Dr. Herbert W. Roesky, emeritierter Professor für anorganische Chemie an der Georg-August-Universität Göttingen, erhält den diesjährigen Wacker Silicone Award. Der Forschungspreis wurde am 10. September im Rahmen der neunten europäischen Silicontage in Saarbrücken zum 17. Mal verliehen. Der Münchner Chemiekonzern würdigt damit Roeskys wegweisende Arbeiten auf dem Gebiet der niedervalenten Siliciumchemie. Der mit 10.000 Euro dotierte Siliconpreis gehört neben dem Kipping-Award der American Chemical Society zu den international bedeutendsten Auszeichnungen im Bereich der siliciumorganischen Chemie.

Der 82-jährige Preisträger zählt zu den weltweit bekanntesten Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Fluor- und Siliciumchemie. „In seinen Arbeiten hat Roesky die niedervalente Siliciumchemie auf Basis zentraler Rohstoffe der siliciumverarbeitenden chemischen Industrie erforscht“, sagte Robert Gnann, Leiter des Geschäftsbereichs Wacker Silicones, bei der Preisverleihung. „Da Chlorsilylene intermediär auch bei Kernprozessen in der Reinstsilicium- und Siliconherstellung auftreten, ist seine Arbeit wegweisend und auch für Prozessoptimierungen von großem Interesse.“

Zu Herbert Roeskys wichtigsten Entdeckungen gehört die Synthese eines Dichlorsilylens aus Trichlorsilan. Solche zweiwertigen Siliciumverbindungen sind extrem instabil und können nur isoliert werden, wenn man sie zuvor entsprechend stabilisiert hat. 2009 gelang dies Roesky mit Hilfe eines N-heterocyclischen Carbens, also ohne den Einsatz der sonst gebräuchlichen Reduktionsmittel. „Mit dieser Synthese führte Roesky die schon über Generationen andauernde Beschäftigung mit dem System Trichlorsilan/Base zu einem Höhepunkt“, betonte Gnann.

Professor Herbert W. Roesky wurde am 6. November 1935 im ostpreußischen Laukischken nahe Königsberg geboren. Er studierte ab 1956 Chemie an der Georg-August-Universität in Göttingen und promovierte 1963 im Arbeitskreis von Professor Oskar Glemser über Fluorierungsreaktionen. 1967 habilitierte er sich mit einer Arbeit über die Chemie der substituierten Phosphate. Von 1971 bis 1980 forschte und lehrte Roesky als Professor für Anorganische Chemie an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt. Von 1980 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2004 leitete er das Institut für Anorganische Chemie der Georg-August-Universität in Göttingen.

Mit der niedervalenten Siliciumchemie beschäftigte sich Roesky erst nach seiner Emeritierung. Für Aufsehen sorgte er mit der Isolierung eines chlorsubstituierten Silylens. Er konnte zeigen, dass derartige Chlorsilylene einen neuen Ligandentyp in der Komplexchemie von Übergangsmetallen darstellen. Außerdem gelang ihm die Einführung sogenannter cyclischer Alkylamino-Carbene (cAAC) in die Siliciumchemie. Das ermöglichte die Synthese neuartiger niederwertiger Siliciumverbindungen, so zum Beispiel die Synthese eines Biradikals des Disilicium-Tetrachlorids oder die Herstellung eines stabilen cyclischen Silicium-Clusters aus drei Siliciumatomen in der formalen Oxidationsstufe 0.

Roesky besitzt zahlreiche Ehrendoktortitel und veröffentlichte insgesamt über 1.300 wissenschaftliche Arbeiten. Zu seinen Forschungsgebieten zählen neben der niedervalenten Siliciumchemie die Fluorchemie, Schwefel-Stickstoff-Heterozyklen und Metallophosphazene. Für seine wegweisende Arbeit erhielt Roesky zahlreiche internationale Forschungspreise, darunter den Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft und die Blaise-Pascal-Medaille der Europäischen Akademie der Wissenschaften. Roesky ist auch Autor zahlreicher populärwissenschaftlicher Chemiebücher und Veröffentlichungen. In seinen Experimentalvorträgen begeistert er bis heute Schüler und Nicht-Chemiker für die faszinierende Welt der Chemie. Jahrzehntelang engagierte er sich als Kuratoriumsmitglied des Fonds der Chemischen Industrie für die Ausbildung von Chemielehrern und einen zeitgemäßen praxisnahen Chemieunterricht. Für seine Verdienste wurde Roesky 2012 mit dem Heinrich-Roessler-Preis der Gesellschaft Deutscher Chemiker ausgezeichnet.
 

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