Engineering Summit 2021: Digitalisierung und Nachhaltigkeit eröffnen Großanlagenbau neue Marktchancen

Corona beschleunigt digitalen Kompetenzschub

Großanlagenbau rechnet 2021 mit steigenden Bestellungen

Die kurz- und mittelfristigen Perspektiven im Großanlagenbau sind ermutigend. Dieses optimistische Fazit zogen die Veranstalter des Engineering Summit 2020, der unter dem Motto „Restarting the Engineering Industry“ erstmalig als Online-Tagung mit begleitender virtueller Fachausstellung stattfand. „Die meisten Unternehmen erwarten im Jahr 2021 einen Anstieg des globalen Projektvolumens im Großanlagenbau und gehen von steigenden Auftragseingängen und Umsätzen aus“, berichtete Thomas Waldmann, Geschäftsführer der VDMA Arbeitsgemeinschaft Großanlagenbau (AGAB), auf Basis einer Umfrage unter den Teilnehmern der Tagung. Allerdings zeigte die Befragung auch, dass der Wettbewerbsdruck in den kommenden Jahren zunehmen wird. „Der Markt für Großanlagen wird sich weiter konsolidieren. Die Mitglieder der AGAB stellen sich durch den Einstieg in neue oder sich verändernde Märkte sowie die intelligente Nutzung digitaler Technologien frühzeitig auf diese Entwicklung ein und stärken dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit“, stellte Waldmann fest.

Corona beschleunigt digitalen Kompetenzschub im Großanlagenbau

In den letzten Monaten hat die Digitalisierung im Großanlagenbau große Fortschritte gemacht, was dazu beigetragen hat, die durch Reiseverbote und Kontaktbeschränkungen entstandenen Einschränkungen im Projektgeschäft auszugleichen. Wie die Diskussionen auf dem Engineering Summit gezeigt haben, ist mobiles Arbeiten im Großanlagenbau mittlerweile in vielen Bereichen wie der Anlagenplanung und dem Einkauf ein Standard und selbst Vertragsverhandlungen mit wichtigen Kunden finden häufig virtuell statt. „Von dieser Entwicklung hat auch das Baustellenmanagement profitiert“, erläuterte Heiner Siebel, Head of Construction Site Personnel bei der SMS Group. „Dank moderner Kommunikationstechnologien sowie dem Einsatz von künstlicher Intelligenz und virtueller Realität war unser Montagepersonal in der Lage, Baustellen auch unter Pandemiebedingungen effizient zu betreiben und Projekte termingerecht abzuschließen. Die virtuelle Baustelle wird damit von einer bloßen Vision immer mehr zur gelebten Realität.“

Eine große Herausforderung in Corona-Zeiten ist das Führen von globalen, mobil arbeitenden Teams („Remote Leadership“). Auch auf diesem Gebiet konnte der Großanlagenbau 2020 erhebliche Fortschritte erzielen, wie Michael Manss, Head of Project Management Campus bei der Thyssenkrupp Academy, auf dem Engineering Summit betonte: „Die Produktivität im Großanlagenbau hat sich 2020 im Vergleich zum Vorjahr laut unserer Befragung von 400 Führungskräften sogar leicht verbessert. Das scheint das Ergebnis eines begonnenen Changeprozesses hin zu einem neuen Führungsstil zu sein, der weniger auf Kontrolle und mehr auf klare Strukturen, gegenseitiges Vertrauen, Transparenz und Kommunikation setzt.“

Marktchancen durch Nachhaltigkeit und Klimaschutz

Die Pläne vieler Staaten, den Klimawandel einzudämmen und dafür Technologien zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen zu nutzen, werden immer konkreter. Die Vorträge und Paneldiskussionen auf dem Engineering Summit zeigten, dass sich dadurch Chancen eröffnen, neue Angebote am Markt zu platzieren. Sami Pelkonen, CEO Chemical and Process Technologies bei Thyssenkrupp Industrial Solutions, betonte dazu in seiner Keynote: „Der VDMA-Großanlagenbau steht mit marktreifen Technologien als Partner der Industrie bei der Erreichung globaler Klimaziele bereit.“ So liefert der Großanlagenbau beispielsweise Kerntechnologien für die Wasserelektrolyse, mit deren Hilfe grüner Wasserstoff großtechnisch und kostengünstig produziert werden kann.

„Als Voraussetzung für die Etablierung eines solchen nachhaltigen Systems muss die Politik jedoch rasch verlässliche Rahmenbedingungen - etwa für den weiteren Ausbau der regenerativen Stromerzeugung - schaffen, auf Basis derer die Unternehmen wirtschaftlich tragfähige Geschäftsmodelle entwickeln können“, mahnt AGAB-Geschäftsführer Waldmann zügiges Handeln an. Denn ohne die Nutzung erneuerbarer Energien kann kein Sektor entscheidende Beiträge zum Klimaschutz erbringen: „Grüner“ Wasserstoff und der Ausbau der regenerativen Energien bedingen sich gegenseitig.

Trotz Krise: Verhaltener Optimismus im Großanlagenbau

Im kommenden Jahr ist mit einer spürbaren Markterholung im Großanlagenbau zu rechnen. Allerdings wird es voraussichtlich noch dauern, bis das Auftragsniveau von 2019 wieder erreicht ist. Insofern sind Kapazitätsanpassungen im aktuellen Umfeld unumgänglich: Laut der Umfrage zum Engineering Summit 2020 geht derzeit die Hälfte der Experten im Großanlagenbau von sinkenden Beschäftigtenzahlen im kommenden Jahr aus. „Dennoch besteht kein Grund zum Pessimismus“, betont AGAB-Geschäftsführer Waldmann. „Die politisch gewollte und ökologisch gebotene Transformation zu einer kohlenstoffarmen Industrieproduktion kann in Verbindung mit dem technologischen Know-how des Großanlagenbaus zu einer anhaltenden Erfolgsgeschichte werden. Schließlich bietet dieser Prozess den VDMA-Mitgliedern enorme Marktchancen - etwa bei der Lieferung von Anlagen für die Herstellung regenerativen Stroms, von Wasserstoff oder von klimaneutralem Stahl und Zement.“ Diese und weitere Fragen werden auf dem 8. Engineering Summit, der am 1. und 2. Dezember 2021 in Darmstadt stattfindet, vertieft.